Es war einmal 1929 ... Vom
ländlich kleinräumigen - mehrheitlich abgeschlossenen - zum offenen und global vernetzten Dorf. Von der fleissig vielhändigen Landwirtschaft zur mechanisierten
und computergesteuerten Marktwirtschaft. Von der bedrohten Vogelwelt zur bedrohten Vielfalt der Natur - ein chronologischer Abriss unseres Vereinslebens.
Die Weltwirtschaftskrise, Kriegs-
und Nachkriegszeit stellten besondere Anforderungen an die Bevölkerung. Das Vereinsleben brannte zeitweise auf Sparflamme. Dann erwachte das Bedürfnis, den Verein aus dem Dornröschenschlaf
aufzuwecken. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens fand 1959 die Kantonale Delegiertenversammlung in Oberkulm statt.
Von 1959 bis 1970 führte Emil
Kaspar, de Vögeli-Miggu - eine markante Persönlichkeit, die Geschicke des Vereins. Er fertigte Nisthilfen an, hängte sie auf und kontrollierte sie, pflegte verletzte Vögel, leitete Exkursionen,
zog Mitgliederbeiträge ein und kämpfte für die benachteiligten Geschöpfe der Natur. In Emil Kaspars Aufzeichnungen aus Oberkulm begegnen wir Vogelarten, die heute in unserer Gegend, ja der
Schweiz sehr selten geworden oder gar ausgestorben sind. Der Chronist erwähnt den Raubwürger (mehrmals), den Rotkopfwürger, die Schleiereule, einen Steinkauz, den Baumpieper, den Alpensegler und
den Wiedehopf. Keine dieser Arten haben wir in den letzten 20 Jahren als Brutvogel in Oberkulm festgestellt.
Unter den Präsidenten Rudolf Müller
(1981-91) und Hans Scholian (1991- 98) erwuchsen dem Verein neue Aufgaben. Mit dem, von Bern geforderten, Landschafts- und dem Ornithologischen Inventar wurde die Natur unseres Dorfbanns
gründlich erfasst und besonders Schützenswertes aufgelistet. Diese immense Feldarbeit, die nicht nur die Tier- sondern auch die ganze Pflanzenwelt umfasste, erbrachte Hans Scholian
ausschliesslich in seiner Freizeit. Aufgrund dieser Inventare verfasste die Oberkulmer Planungskommission ein Naturschutz-Reglement, das in den Nutzungsplan der Gemeinde eingeflossen ist
und nun die gesetzliche Grundlage für den Natur- und Landschaftsschutz in Oberkulm bildet.
Wo sich früher unser Verein noch
mehrheitlich dem Artenschutz der Vögel widmete, kam in den 90-er Jahren vermehrt die Aufgabe der Pflege und des Schutzes von wertvollen Lebensräumen, wie Hecken, Magerwiesen, Weiher,
Hochstammobstanlagen, naturnahe Gewässer und standortgerechter, vielfältiger Wald.
1995 zogen die ersten Frauen in den
Vorstand ein: Susanne Zihlmann und Madleine Häuptli. Sie haben neue Ideen ins Vereinsleben eingetragen, wie die alljährliche „Bäumlipflanzaktion“ mit den Eltern der Neugeborenen oder eine
Exkursion zum Thema „Heilkräuter aus unserer Natur“.
Der Verein hat sich um
die Jahrtausendwende vom „Vögeliverein“ zum Naturschutz-verein entwickelt. Ueberkommunale Interessen kommen ins Zentrum unseres Blickfeldes:
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Die Wyna tritt in den 90-er Jahren mehrmals über die Ufer und verursacht Millionenschäden. Fehlentwicklungen werden
sichtbar. Die regionalen Naturschutzvereine engagieren sich für den naturnahen Hochwasserschutz und die Renaturierung wertvoller Abschnitte der Wyna.
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Die Regionalplanungsgruppe Wynental (Repla Wynental) unterbreitet den Gemeinden das Landschaftsentwicklungsprogramm
(=LEP) zur Vernehmlassung. Das LEP soll Grundlage für die Landwirtschaft, Raumplanung, Naturschutz und Wald sein und vernetzt die kommunalen mit den regionalen und kantonalen
Landschaftsentwicklungen.
Das Denken in Feindbildern von
unterschiedlichen lokalen Interessengruppen, die sich mit Argwohn oder abschätzig über Andersdenkende auslassen, bricht auf und führt zum Zusammenschluss und offenem, befruchtenden Austausch.
1998 wird auf Begehren des Natur- und Vogelschutzvereins Oberkulm eine Natur- und Landschaftsschutzkommission zuhanden des Gemeinderats ins Leben gerufen. In dieser Kommission sind heute
Vertreter des Naturschutzes, der Landwirtschaft, des Waldes, der Jagd und der Wirtschaft eingebunden. Hier soll sinnbildlich die Vielfalt der Interessen, eine Vielfalt der Natur in und um
Oberkulm auslösen. Ich denke, Naturschutz beginnt beim Mensch selber.
Wir möchten an dieser Stelle
allen Vorstandsmitgliedern, allen Naturfreunden und allen Einwohnern von Oberkulm ganz herzlich danken für die tatkräftige, finanzielle und wohlwollende Unterstützung. Es braucht die Mithilfe und
Anteilnahme jedes einzelnen, damit unsere Heimat auch in Zukunft lebenswert bleibt.