Bunter Herbst - das Geheimnis der Laubfärbung

Text und Bilder von Ernst Hofmann

Bild 1: Rotbuche im Herbst

Bild 2: Schloss Liebegg im Herbstzauber

Bunter Herbst – das Geheimnis der Laubfärbung

Warum verfärben sich die Blätter im Herbst und fallen bei Laubbäumen ab nicht aber bei  Nadel-bäumen? Was geht da genau vor sich?

Mit der Laubverfärbung bereiten sich sommergrüne Bäume auf die kalte und wasserarme Jahreszeit vor. Auslöser für das durch Pflanzenhormone gesteuerte Geschehen ist die abneh-mende Tageslänge im Herbst, unterstützt durch sinkende Temperaturen. Der Baum schaltet den Stoffwechsel auf Sparflamme, baut den grünen Farbstoff Chlorophyll ab und lagert ihn in den Wurzeln, Ästen und im Stamm ein. Mit dem Verschwinden des Chlorophylls kommen jetzt die anderen Farbstoffe zum Vorschein: Die Karotinoide (gelb, orange, rot), die Xanthophylle (gelb) und die Anthocyane (rot, violett, blau). Sie sorgen für die beeindruckende herbstliche  Laub-färbung. 

Parallel zur Blattfärbung geschieht auch etwas an der Verbindung zwischen Blattstiel und Zweig. Nach dem Abtransport aller wertvollen Stoffe wird am Grunde des Blattstiels ein Trenngewebe gebildet. Dieses unterbindet die Wasserversorgung des Blattes und schafft zugleich eine Soll-bruchstelle. Ein leichter Windhauch genügt, um das Blatt abfallen zu lassen. Mit einem Korkver-schluss an der Blattansatzstelle bildet der Baum einen äusseren Schutz, der verhindert, dass Krankheitserreger wie Bakterien oder Pilze eindringen können. Der herbstliche Laubfall wird also nicht in erster Linie durch Frost und starke Winde verursacht, sondern ist das Resultat eines aktiven Prozesses zur Vorbereitung auf die ungünstige Winterzeit, in der die Wasserver-sorgung bei anhaltend gefrorenem Boden das grösste Problem darstellt.

Über die Spaltöffnungen(=Stomata) der Blattoberfläche verdunsten Bäume normalerweise ständig einen grossen Teil des durch die Wurzeln aufgenommenen Wassers. Eine hundertjährige Rotbuche verdunstet im Hochsommer bis zu 400 Liter pro Tag. Um den Wasserverlust durch Verdunstung über die Blattoberfläche zu verhindern, werfen Laubbäume in Zeiten mit geringer Wasserversorgung ihre Blätter ab. 

Der Laubfall ist nicht nur ein wirksamer Verdunstungsschutz, sondern zugleich auch eine Ent-schlackungskur. Zusammen mit den abgeworfenen Blättern stösst der Baum die im Laufe des Sommers angereicherten Gifte ab. Die Pflanze entsorgt  giftige Stoffwechselendprodukte und gespeicherte Umweltgifte. Zudem halten kahle Bäume der Schneelast des Winters besser stand. Belaubte Bäume würden unter der Last des Schnees zusammenbrechen.

Die immergrünen Nadelbäume verfügen in den „Blättern“ über eine dicke Wachsschicht und eine sehr feste Haut, die die Verdunstung hemmt. Ausserdem sind die Spaltöffnungen im Blatt verengt, so dass auch hier die Verdunstung gebremst wird. Hinzu kommt die kleine Oberfläche der Nadeln, wodurch sich die Verdunstung ebenfalls verringert. Der einzige Nadelbaum, der seine Nadeln im Herbst nicht behält, ist die Lärche. Sie besitzt keine so dicken Nadeln wie zum Beispiel Fichte oder Föhre und ihre Wachsschicht ist nicht so ausgeprägt, so dass ihr Verduns-tungsschutz im Winter nicht ausreichen würde.

Auch immergrüne Pflanzen wie die meisten Nadelbäume werfen ihre Blätter ab. Bei ihnen geschieht dies allerdings nicht regelmässig im Herbst. Sie verlieren kontinuierlich übers Jahr die eine oder andere Nadel. An Föhren bleiben Nadeln etwa fünf Jahre, an Fichten(=Rottannen) bis zu sieben Jahre und an Tannen(=Weisstannen) sogar bis zu elf Jahre am Zweig.

Jedes Jahr gelangen in einem Laubmischwald Tonnen von Falllaub und Holzreste auf den Boden. Der Waldboden müsste deshalb eigentlich jährlich an Höhe zunehmen und in seinem "Abfall“ schliesslich ersticken, wenn die Laubstreu nicht kontinuierlich abgebaut würde. Für die Laub-zersetzung sind neben grösseren Tieren wie Regenwürmern, Schnecken, Asseln, Käfern, Spinnen und Tausendfüsslern vor allem Bakterien und Pilze beteiligt. Dadurch gelangen die wertvollen Nähstoffe als Humus in die Erde zurück und können von den Pflanzenwurzeln und Jungpflanzen erneut aufgenommen werden.