Der Mauersegler -

ein Leben in der Luft

Text und Bilder von Ernst Hofmann

Bild 1: Mauersegler mit seinen sichelförmigen Flügeln

Bild 2: Eine Reihe von Nistkästen in Oberkulm, spezifisch für den Mauersegler

Der Mauersegler – ein Leben in der Luft

Ende April, anfangs Mai kommen die Mauersegler, im Volksmund „Spyre“ genannt, aus ihrem Winterquartier im südlichen Afrika zu ihren Brutplätzen bei uns zurück, denen sie meistens ein Leben lang treu bleiben. Sie verbringen ihr ganzes Leben,  außer der Brutzeit, ausschließlich in der Luft. Selbst die Paarung findet in der Luft statt. Auch Wasser wird im Gleitflug direkt von der Wasseroberfläche aufgenommen. Mit seinen kurzen Beinen und den nach vorne gerichteten Zehen kann der Mauersegler sich zwar an einer senkrechten Mauer festkrallen, ist aber mit Mühe in der Lage vom flachen Boden aus zu starten. Dafür ist er in der Luft ein atemberaubender Flieger und pfeilschnell  mit Spitzengeschwindigkeiten bis gegen 200 km/h. Kein anderer Vogel ist dem Leben in der Luft so vorzüglich angepasst wie der Mauersegler mit seinen langen schmalen, sichelförmigen Flügeln mit der aerodynamischen Form und dem breiten, kurzen Schnabel. Als Langstrecken- und Dauerflieger legen sie jedes Jahr um 200'000 km zurück. Bei der Nahrungssuche jagen sie gemeinsam und verfolgen bis in grosse Höhen gezielt Insekten und Spinnentiere, die fliegendeingesammelt werden. Ihr Blut weist ein spezielles Hämoglobin auf, welches die vermehrte Aufnahme von Sauerstoff  in dünner Luft ermöglicht. Damit können Mauersegler ohne Probleme in Höhen bis 3000 Metern fliegen, wo sie meistens die Nacht verbringen. Forscher gehen davon aus, dass Mauersegler in der Luft schlafen. Wahrscheinlich können die Vögel, ähnlich wie Delfine, eine Hirnhälfte abschalten. Während eine Hälfte des Gehirns beim Fliegen schläft, steuert die andere aktiv den Flug. 

Mauersegler stoßen beim Fliegen schrille „Srii-srii-Rufe“ aus. Das unterscheidet sie von den ähnlich aussehenden Schwalben, mit denen Mauersegler nicht verwandt sind. Sie besitzen am Ende der Luftröhre keinen Singmuskel und gehören damit nicht zu den Singvögeln sondern haben mit den tropischen Kolibris gemeinsame Merkmale. Auch im Gegensatz zu den Schwalben hinterlassen Mauersegler keinen Dreck direkt unter dem Nistplatz. Sie tragen den Kot der Jungen aus dem Nestbereich.

Mauersegler suchten ihre Brutplätze ursprünglich im Fels und auf Bäumen. Heute bevorzugen sie menschliche Siedlungen, wo sie an hohen Gebäuden wie Kirchtürmen, alten Gemäuern oder Fabrikgebäuden in Nischen und unter Dächern ihr Nest errichten. Die gesellig lebenden Vögel brüten in Kolonien, d.h. es brüten mehrere Paare nahe nebeneinander, aber in getrennten Bruthöhlen. Weibchen und Männchen der Mauersegler beteiligen sich beide am Nestbau. Das Nistmaterial wie dünne Halme, Fasern und Federn wird in der Luft aufgeschnappt und danach mit Speichel zu einer flachen Mulde verklebt. Die Nahrung für die Nestlinge wird in einem Kehlsack gesammelt und nur periodisch ans Nest gebracht. Bei günstigen Bedingungen füttert ein Paar über 20 000 Insekten pro Tag. Mauersegler sind wetterfühlig. Sie können kleinste Luftdruckunterschiede wahrnehmen. Bei schlechtem Wetter machen sie Ausweichflüge von mehreren hundert Kilometern und kehren erst bei Wetterberuhigung an den Brutplatz zurück. Die Jungvögel können solche Zeiten mit einem Kälteschlaf (=Torpor) überdauern. Sie reduzieren die Körpertemperatur und die Atemfrequenz und sparen so Energie. Diesen Zustand können sie ein bis zwei Wochen überleben.

Das Weibchen legt zwei bis drei Eier. Nach dem Schlüpfen müssen die jungen Nesthocker noch einige Wochen von den Eltern gehudert und ernährt werden. Die Länge der Brut- und Nestlingszeit ist abhängig vom Wetter und vom Nahrungsangebot. Die flügge gewordenen Jungvögel sind sofort selbstständig, sobald sie das Nest verlassen. Sie finden ihren Weg ganz allein Ende Juli, anfangs August nach Afrika und fliegen ohne ihre Eltern ins Winterquartier.